Der Programmbereich Sprache in der Medizin des EZS beschäftigt sich mit der sprachlich-kommunikativen Konstitution und dem Verstehen medizinischer Wissens- und Handlungsformen in gesellschaftlich relevanten Interaktionen. Er untersucht fixe und sich wandelnde sprachliche Konzeptualisierungen von Krankheit und Heilung im Spannungsfeld von wissenschaftlichen und alltagsweltlichen Diskursen. Diese Konzeptualisierungen werden sowohl in historischer und zeitgenössischer Perspektive als auch auf der Basis verschiedener Textsorten und Sprachen analysiert. Ziel ist es, die an der Universität Heidelberg und im Institut für Deutsche Sprache unternommenen Forschungen in diesen Bereichen zusammen zu führen und neue Forschungsfelder zu erschließen.
Zum einen stehen Gesprächsformen im gegenwärtigen medizinischen Bereich (z.B. Arzt-Patienten-Interaktionen zu diagnostischen Mitteilungen, Therapieplanung, Aufklärungsgespräche etc.) im Mittelpunkt der Analysen sowie medial vermitteltes Wissen über Krankheiten und Heilungsverfahren (z.B. in der Presse, in Fernsehmagazinen, im Internet etc.). Der Aspekt des Verstehens in der (verbalen) Interaktion bzw. der sprachlich perspektivierten Konstitution von medizinischem Fach- und Vermittlungswissen verbindet diese Bereiche (hier besteht bereits eine Kooperation mit dem Forschungsnetzwerk Sprache und Wissen). Die Analysen erfolgen aus sprachpragmatischer Sicht und basieren auf verschiedenen Text- und Gesprächskorpora, die bereits am Institut für Deutsche Sprache und an der Neuphilologischen Universität der Universität Heidelberg existieren.
Untersuchungen zu historischen Konzeptualisierungen von Krankheit und Heilung in deutsch- und englischsprachigen sowie lateinischen Texten aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit repräsentieren eine weitere Säule des Projektbereichs Sprache in der Medizin. Historische Entwicklungen, wie z. B. die „Medikalisierung“ und der Wandel medizinischer Paradigmen einerseits sowie die Einführung des Buchdrucks, der Prestigegewinn der landessprachlichen Varietäten und die soziale Ausweitung von Bildung andererseits, spielen als reflektierende und konstituierende Kontexte eine entscheidende Rolle für die linguistische Untersuchung der Konzepte von Krankheit und Heilung. Diese Konzepte werden als gesundheitsrelevante, aber auch kulturelle und gesellschaftliche Differenzierungsmerkmale gesehen. Den Analysen liegen historische Korpora medizinischer Texte aus dem englischen und deutschen Mittelalter und der frühen Neuzeit zugrunde, und sie bedienen sich z. B. korpus-basierter Analysen, werden aber auch interdisziplinär literatur- und kulturwissenschaftlich ausgerichtet sein.
Das inhaltliche Profil und die Arbeitsperspektiven des Programmbereichs Sprache in der Medizin sollen in einer Ringvorlesung im Sommersemester 2012 einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Zunächst wird der Programmbereich damit die bereits existierenden Forschungsrichtungen sichtbar machen, um im Anschluss sich über Profilbildungen verständigen zu können. In dieser frühen Phase soll die Lehre so ausgerichtet sein, dass Nachwuchswissenschaftlern durch forschendes Lernen die Attraktivität des Forschungsbereichs deutlich wird.
Aktuelle Aktivitäten
Für das Sommersemester 2012 plant die Arbeitsgruppe eine Ringvorlesung zum Rahmenthema „Sprache und Medizin“. Dabei soll einerseits der Austausch zwischen SprachwissenschaftlerInnen und MedizinerInnen intensiviert und andererseits potentielle NachwuchswissenschaftlerInnen auf die Brisanz des Themas aufmerksam gemacht werden.
Die Arbeitsgruppe kommt in regelmäßigen Abständen in Heidelberg zur weiteren Koordination zusammen. Die Termine der nächsten Sitzungen des Programmbereichs erfahren Sie unter Aktuelles.
KooperationspartnerInnen / MitarbeiterInnen
- Prof. Dr. Beatrix Busse (Anglistik, Universität Heidelberg)
- Prof. Dr. Arnulf Deppermann (IDS)
- Prof. Dr. Ekkehard Felder (Germanistik, Universität Heidelberg)
- Prof. Dr. Sonja Kleinke (Anglistik, Universität Heidelberg)
- Prof. Dr. Klaus-Peter Konerding (Germanistik, Universität Heidelberg)
- Prof. Dr. Jörg Riecke (Germanistik, Universität Heidelberg)
- Prof. Dr. Thomas Spranz-Fogasy (IDS)
- Britta Wendelstein M.A. (Gerontopsychiatrie)
AnsprechpartnerIn
Prof. Dr. Arnulf Deppermann (IDS)
Prof. Dr. Ekkehard Felder (Universität Heidelberg)
Janine Luth (EZS-Geschäftsstelle)