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Europäisches Zentrum für Sprachwissenschaften Heidelberg / Mannheim

Sommerschule 2014

Sommerschule 2014

 

 

 

 

Sommerschule des Europäischen Zentrums für Sprachwissenschaften (EZS)

Historische Unsicherheit im Spiegel sprachlicher Konstruktionen. Sprach- und literaturwissenschaftliche Zugänge zu berichteter und erzählter Vergangenheit

28. Juli bis 1. August 2014

Im Mittelpunkt der EZS-Sommerschule steht die sprachliche Verarbeitung von historischen Wirklichkeiten in politisch und gesellschaftlich unsicheren Phasen, wie etwa im geteilten Europa nach 1945 oder im Jahr des Kriegsausbruchs 1914. Die damit einhergehenden historischen Wendepunkte manifestieren sich auf symptomatische Weise in der sprachlichen Konstitution von geschichtlichen Ereignissen. In faktualen und  fiktionalen Texten werden sie folglich sichtbar, greifbar und sprach- bzw. literaturwissenschaftlich untersuchbar. Hermeneutischer Dreh- und Angelpunkt ist dabei der Text. Er stellt das verbindende Element der Sprach- und Literaturwissenschaft dar: (Zeit-)Geschichte wird konstruiert und rezipiert in mündlichen und schriftlichen Zeugnissen. Verschiedene Konzepte und Wahrnehmungen von gesellschaftlichen und politischen Zuständen prägen sich dabei in Sprache aus bzw. schreiben sich in Sprache ein.

Diese Annahmen bilden die übergeordneten Fragestellungen, unter denen sich Sprach- und LiteraturwissenschaftlerInnen sowie HistorikerInnen und KulturwissenschaftlerInnen begegnen sollen. In die Organisation der Sommerschule sind, gefördert durch die multilinguale Ausrichtung des EZS, neben GermanistInnen auch AnglistInnen und RomanistInnen eingebunden. Zentral ist die Untersuchung von Geschichtskonstruktionen, denen wir uns von verschiedenen Disziplinen her und mit unterschiedlichen Perspektiven widmen möchten. Ziel ist dabei die Dynamisierung der sprach- und literaturwissenschaftlichen Methoden: Um dies realisieren zu können, werden die Veranstaltungen der EZS-Sommerschule an drei Tagen im Plenum und an den restlichen zwei Tagen in Workshop-Gruppen stattfinden. Dies ermöglicht die kontinuierliche Reflexion der Methoden durch die TeilnehmerInnen, die damit den Skopus ihrer Projekte erweitern können.

Inhaltlich liegt der Schwerpunkt der EZS-Sommerschule in der Überführung narratologischer und diskursanalytischer Verfahren in einen Forschung­sansatz an der Schnitt­stelle von Sprach- und Literaturwissenschaft. Dieser gestattet es, verborgene Interferenzen zwischen moderner Erzählliteratur und medialer Berichterstattung aufzufinden und systematisch zu erschließen. Im Mittelpunkt des Erkennt­nisinteresses stehen Konstruktionen politischer, gesellschaftlicher, sozialer und individual­psychologischer Konfliktlinien, die auf der einen Seite von zeitgenössischen Medientexten und auf der an­deren Seite von Erzähltexten des 19. bis 21. Jahrhunderts thematisiert werden. Ein direkter Vergleich dieser Texte bietet die Möglichkeit, spezifische Ausprägungen von Faktualität und Fiktionalität einander gegenüberzustellen sowie sprach- und literatur-wissenschaftliche Ansätze als komplementäre Paradigmen der Textanalyse aufeinander zu beziehen. Wir verstehen die EZS-Sommerschule auch als einen Schritt auf dem Weg zur Etablierung einer sich derzeit entwickelnden Literaturlinguistik (siehe dazu Bär 2010 ff., 2012 sowie Fix 2010).

Um dem Anspruch einer Zusammenführung der sprach- und literaturwissenschaftlichen Methoden gerecht zu werden, ist ein Veranstaltungstag anberaumt, der sich in konzentrierter Form, praxisorientiert dem zuvor theoretisch fundierten Themenhintergrund widmet: Das Jahr 1914 im Spiegel der Geschichtskonstruktion bildet das Beispiel, an dem sprach- und literaturwissenschaftliche Zugänge geprüft werden sollen. Dies erscheint besonders reizvoll vor dem schon jetzt spürbaren und für das kommende Jahr zu erwartenden Aufschwung an Publikationen zum 1. Weltkrieg, der sich ebenfalls als ein Teil von Geschichtskonstruktion verstehen ließe, sodass ganz aktuelle Texte in den Blick genommen werden können.