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Europäisches Zentrum für Sprachwissenschaften Heidelberg / Mannheim

Inhalt

Inhalt

Artikulation des Unsicheren
Sommerschule des Europäischen Zentrums für Sprachwissenschaften (EZS) und des Germanistischen Seminars
24. Juli bis 30. Juli 2017,

Heidelberg

 

 

 

Inhalt und Struktur

Artikulationen des Unsicheren waren in jüngerer Zeit, etwa angesichts von Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus, Diskussionen um Datensicherheit unter dem Wandel medialer Bedingungen oder auch angesichts des globalen Klimawandels, besonders häufig zu beobachten. Tendenzen kultureller Veränderungen ebenso wie Kriege und Naturkatastrophen waren aber seit jeher Auslöser von Unsicherheit. Dabei markierte man die gesellschaftliche und kulturelle Unsicherheit nicht selten als neues Phänomen und hob es gegenüber einer vermeintlich sicheren Situation der Vergangenheit ab. Wurde etwa das ausgehende 19. Jahrhundert rückblickend zuweilen als das „goldene Zeitalter der Sicherheit“ (Stefan Zweig in seiner Autobiographie „Die Welt von gestern“) bewertet, sah man diese Sicherheit im 20. Jahrhundert durch die „fast pausenlosen vulkanischen Erschütterungen“ der nachfolgenden Zeit zerstört. Aber auch jenseits der historischen Makroperspektive können alltägliche Situationen zur Unsicherheit des Individuums führen. Ziel der EZS-Sommerschule ist es, historisch wie systematisch Konstitutionsformen von Unsicherheit und den Reaktionsformen darauf nachzugehen – vornehmlich am Beispiel des deutschen Sprach- und Kulturkreises sowie der benachbarten europäischen Regionen.

Wenn man etwa mit Stefan Zweig davon ausgeht, dass spätestens seit dem 20. Jahrhundert eine Zeit grundsätzlicher Unsicherheit angebrochen ist, muss es auch Situationen des unsicheren Wissens geben, in denen der Einzelne lediglich von der Wahrscheinlichkeit eines Sachverhalts ausgehen kann, Zweifel an einem Sachverhalt oder gar partielles oder komplettes Nichtwissen artikulieren muss. Die Geschichte des unsicheren Wissens reicht allerdings weit vor das 20. Jahrhundert zurück. Je differenzierter eine Gesellschaft jedoch strukturiert ist, desto häufiger bleibt nur das Zeugnis anderer, welches nicht immer überprüfbar ist, als Reflexions- und Beurteilungsgrundlage. Eine nahe liegende Vermutung ist die, dass in Situationen unsicheren Wissens häufig die Literatur einspringt, um auf das Problem zu reagieren. Und eine weitere Vermutung ist, dass in solchen Fällen bestimmte charakteristische semantische Einheiten immer wieder auftauchen, deren Geschichte im gegebenen Kontext zu rekonstruieren ist: Metaphern und Symbole, Topoi, Motive und Themen. Im Mittelpunkt der Sommerschule stehen daher die Sprach- und die Literaturwissenschaften, die verschiedene Methoden bereithalten, Sprach- und Bildzeichen in fiktionalen und faktualen Formationen zu untersuchen, und Zugänge zu dem Phänomen des Unsicheren eröffnen. Dabei soll insbesondere auch erörtert werden, inwiefern literaturlinguistische Fragestellungen und Herangehensweisen eine sinnvolle Ergänzung des tradierten Methodenspektrums darstellen. Die EZS-Sommerschule ist darüber hinaus von dem Grundgedanken geprägt, dass eine Semantik des Unsicheren nur interdisziplinär angemessen erforscht werden kann. Deshalb sollen nicht nur sprachlich, sondern auch anders medial vermittelte Formationen betrachtet werden. InteressentInnen aus nicht literatur- oder sprachwissenschaftlichen Fachrichtungen sind daher besonders zur Bewerbung eingeladen.

Während der EZS-Sommerschule werden Vorträge, Workshops, Seminare und zwei Exkursionen (ans Institut für Deutsche Sprache Mannheim sowie ans Deutsche Literaturarchiv Marbach) angeboten. Daneben erhalten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, in Arbeitsgruppen aktiv zu werden. In diesen von Moderatoren begleiteten Gruppendiskussionen sollen die NachwuchswissenschaftlerInnen ein gemeinsames Publikationsprojekt erarbeiten, in dem sie ihre (Dissertations-)Themen verknüpfen. Die Publikationen werden in einem Sonderheft zur Sommerschule „Artikulation des Unsicheren“ veröffentlicht. Drei Rahmenthemen der Gruppendiskussionen stehen bereits fest:

  • Kriege als historische Umbruchssituationen
  • Semantiken des Unbestimmten: Leben wir in postfaktischen Zeiten?
  • Unsichere Grenzen: Ansätze zu wissenschaftlichen Vermittlungs- und Kooperationspraktiken

Zusätzlich können die Bewerberinnen und Bewerber aber auch ein eigenes Thema vorschlagen, das sie in der Sommerschul-Woche in einer Arbeitsgruppe bearbeiten möchten. Je nach Bewerberlage werden die drei weiteren Arbeitsgruppen thematisch besetzt.