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Europäisches Zentrum für Sprachwissenschaften Heidelberg / Mannheim

Heidelberger Forschungsstelle Namenkunde

DKarte süddt_ Raumie Heidelberger Forschungsstelle Namenkunde forscht zu Namendeutung in europäischen Bezügen. Dabei werden Ortsnamen und Personennamen erfasst und beschrieben sowie namenkundliche Bibliographien erstellt. Auf diesen Seiten findet sich ein Einblick in die Arbeit der Forschungsstelle.

Aktuelle Aktivitäten:

  1. Personennamen
  2. Ortsnamen
  3. Namenkundliche Bibliographie

1. Personennamen

– Namendeutung und Namenberatung auf der Basis der namenkundlichen Materialien aus dem Nachlass Seibicke
– Die Namenkundliche Bibliothek Wilfried Seibicke: Die Bestände werden derzeit inventarisiert. Wir danken Frau Hannelore Seibicke für die großzügige Überlassung der Bücher und Materialien.

2. Ortsnamen

Deutsches Ortsnamenbuch, hg. v. Manfred Niemeyer, Berlin – New York 2012, 756 S.
Darin in alphabetischer Einordnung: Die Ortsnamen Baden-Württembergs (450 Namendeutungen mit dem Kürzel JR); erfasst werden nach den Kriterien des Bandes alle Ortsnamen von Orten bzw. Großgemeinden mit insgesamt mehr als 7.500 Einwohnern

Karte süddt_ Raum

(Quelle: UB Heidelberg)

Fünf Textbeispiele zu den Ortsnamen:
Aalen I. Große Kreisstadt (seit 1956) und gleichnamige VVG, 78 729 Ew., Sitz der Verwaltung des Ostalbkreises, am Nordostrand der Schwäbischen Alb an der Mündung der Aal in den Kocher, Reg.-Bez. Stuttgart (1952–1972 Reg.-Bez. Nordwürttemberg), BW. Wohl um 1245 von den Staufern gegr., 1360-1803 Reichsstadt, 1803 zum Kurfürstentum Württemberg als Oberamt. Textilindustrie und Metallverarbeitung, Limesmuseum, Urweltmuseum für Geologie und Paläontologie, Schubartmuseum. II. Um 1136 Alon, 1300 Aelun [Or], 1322 (Kop. 14. Jh.) Aulun, 1331 Alvn [Or]; Aalen (1488). III. Der Name kann einen FlN *āla ent-halten, der auf lat. āla ‘Reiterabteilung’ zurückgeht und sich auf das um 260 n. Chr. zerstörte röm. Reiterkastell bezogen hat. Mhd. -ā- wird im Schwäb. zu -au- diphthongiert. Da die Endungen -on und -un allerdings eine nicht bezeugte schwach flektierte Nebenform voraussetzen und eine Siedlungskontinuität seit der Spätantike nicht gesichert ist, kommen auch andere Deutungen in Frage: zu einer schwäb. bezeugten Baumbezeichnung Ahlkirsche ‘Traubenkirsche’ (Prunus padus), als Stellenbezeichnung ‘bei den Ahlkirschen’ oder zu ahd. āl ‘Aal’ als ‘bei den Aalen’. Für einen ‘an Aalen reichen Bach’ vermisst man in der Belegreihe allerdings Namen wie *Al-aha oder Al-bach. Das Stadtwappen mit gekrümmtem silbernem Aal bezieht sich jedoch auf diese Deutung. Der GwN Aal (zum Kocher zum Neckar) ist eine spätere Rückbildung aus dem ON. IV. ↑ Ahlen, Kr. Warendorf, NRW. V. Reichardt 1999; LBW 4; Winter, D. (Hg.): Der Ostalbkreis. Stuttgart 1992; Marzell, H.: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. Bd. 3. Stuttgart / Wiesbaden 1977. JR

Heidelberg I. Stadtkreis, 145 642 Ew., ca. 18 km ssö Mannheim im Neckartaltrichter, an den Bergstraßenhängen s und n des Neckars am unteren Hang des Königstuhlmassivs, Verwal-tungssitz des Rhein-Neckar-Kreises, Reg.-Bez. Karlsruhe, BW. Durch die Burggründung des Wormser Bischofs entstanden und bis zum Ende des alten Reiches Lehen von Worms, Entwicklung einer Siedlung unterhalb der Burg, die vor 1180 von Pfalzgraf Konrad zur Stadt erhoben wurde, 1622 von Tilly erobert, danach an Bayern, dann Schweden und Frankreich, 1803 schließlich badisch und seit 1939 Stadtkreis. Universität, Akademie der Wissenschaften, Schloss, Alte Brücke, Heiliggeistkirche, Peterskirche, Kurpfälzisches Museum. II. 1196 Heidelberch, 1225 Heidilberc, 1268 Heydelberch [Or]; Heidelberg (1362). III. Es handelt sich um eine Zuss. mit dem Gw. ↑ -berg. Die Deutung des Bw. ist dagegen unsicher. Nach herkömmlicher Ansicht wird eine Klammerform Heidel(beer)berg oder ein Substantiv süddeutsch Heidel ‘Heidelbeere’ angesetzt. Jedoch sind derartige Obst- und Beerensorten keineswegs so charakteristisch und ortstypisch, dass sie als Benennungsmotiv plausibel erscheinen. Erwogen wird auch die Verbindung mit ahd. heida mhd. heide ‘Heide(kraut); unbebautes Land’, doch bleibt dabei das auslautende -l in Heidelberg, das alle Belege enthalten, unerklärt. Man müsste dann von einer -l-Ableitung, etwa als Kollektivbildung wie Fichten neben Fichtel(gebirge), Eichen neben Eichel ausgehen, für die es aber derzeit keine sicheren Hinweise gibt. Auch sollten dann zumindest einzelne Belege Spuren eines Schwankens zwischen häufigem Heiden und allenfalls seltenem Heidel zeigen. Die gleiche Schwierigkeit des unerklärten -l ergibt sich bei einer Verbindung mit ahd. heidan ‘der Heide’. Möglich ist daher auch die Verbindung mit einem Dialektwort heddel, heidel ‘Ziege’. Der „Heidelberg“ wäre dann der unbewaldete Berghang oberhalb der Stadt, auf dem die Ziegen weideten. IV. Heidelberg // Žalý, BergN im Riesengebirge, CZ. V. Udolph, J.: Gedenkschrift für Lutz Reichardt. Stuttgart 2011; Krieger; LBW 5. JR

Neuffen I. Stadt und (mit Beuren und Kohlberg) gleichnamige VVG im Lkr. Esslingen, 11 855 Ew., ca. 22 km s Esslingen, in der Steinachbucht im Braunjurahügelland der Neuffen-Vorberge des Mittleren Albvorlands gelegen, Reg.-Bez. Stuttgart, BW. Um 1100 war Neuffen in Besitz des Grafen Manegold von Sulmetingen; Gottfried von Neuffen war um 1220/30 Minnesänger, 1232 Erhebung zur Stadt, 1301 an Württemberg, bis 1807 württembergische Amtsstadt, 1807 bis 1972 zum Landkreis Nürtingen, seither Landkreis Esslingen. Acker-, Obst- und Weinbau, Burgruine Hohenneuffen, Hallstatt- und Latènezeitliche Funde. II. 1028 (F.) Núffen, 1198 Nifen (Fälschung), 12. Jh. (Kop. Anf. 13. Jh.) Nîphan, 1206 Niffen [Or], 16. Jh. Nyffen, Neiffen, Neyffen [Or]. III. Neuffen gehört als urspr. BergN zu einem nur noch in Namen erhaltenen Wort alem. *nīfen- m., diphthongiert Neifen, gerundet Neufen, das auch in alem. FlN vorliegt. Es wird von Albrecht Greule mit rhein. Niep ‘Erdfalte, worin sich Wasser angesammelt hat’ verbunden und auf germ. *hneipa- ‘sich biegen’, als Partizip ‘herabhängend’, zurückgeführt. Der BergN wurde auf die Burg und die dazugehörige Siedlung übertragen. Die von Reichardt vermutete kelt. Herkunft (zur Wurzel idg. *nēik-/nīk-/nik- ‘Zank, Streit’) ist demgegenüber weniger wahrscheinlich. V. Greule, A.: Nochmals zu Neufnach und Neuffen. In: Blätter für oberdeutsche Namenforschung 19 (1982); Greule, DGNB; Reichardt 1982a; LBW 2 und 3. JR

Schwäbisch Hall I. Große Kreisstadt im Lkr. Schwäbisch Hall, 36 801 Ew., ca. 35 km nw Ellwangen im engen Talkessel rechts des Kochers, VVG mit Michelbach an der Bilz, Michelfeld und Rosengarten, Sitz der Kreisverwaltung, Reg.-Bez. Stuttgart, BW. 1100 villa, sicher seit 1226/31 urk. als Stadt bezeichnet, seit 1802 württembergisch und seit 1960 Große Kreisstadt. Bankenwesen, St. Michael, Urbanskirche, Großcomburg, Hohenloher Freilandmuseum, Johanniterhalle, St. Katharina, Kunsthalle Würth. II. 1037 (Kop. 1090/1100) Halle superior, 1190 Halla in Suevia, 1228 Halle, 1434 Schwebischen Halle; Schwäbisch Hall (1934). III. Der alte Name Halle gehört zu mhd. hall ‘Salzquelle, Salzwerk, Saline’, ahd. hall in halasalz ‘Steinsalz’, hallhūs ‘Salzbergwerk’ und weist auf schon in frühgeschichtlicher Zeit ausgebeutete kontinentale Salzvorkommen hin, die auch sprachlich von Meersalz unterschieden werden. Umstritten ist nur die Herkunft des Appellativs. Die oft erwogene Beziehung zu ahd. halla, mhd. halle ‘Halle’ im Sinne von ‘Salzhalle’ ist sprachlich möglich, überzeugt aber semantisch nicht. Frühneuzeitliche Komposita wie salzhalle sind angesichts der althochdeutschen Beleglage eher volksetymologische Verdeutlichungen. Das Wort führt wohl wie d. Salz auf idg. *sal- ‘Salz’ zurück und lautet auch im Keltischen sal. Nur im Inselkeltischen findet sich mit britischer Lenisierung im Anlaut hal, bretonisch auch holen ‘Salz’; dies kann aber nicht direkt auf die (süd-)d. ON eingewirkt haben. Vorgeschlagen wurde auch eine Herkunft aus dem Griechischen, eingebürgert hat sich die Bezeichnung vielleicht durch Vermittlung von ma. medizin-lat. halitum violaceum ‘Steinsalz’. Der im 15. Jahrhundert aufkommende Namenbestandteil Schwäbisch- war bis 1802 amtlich und erneut seit 1934. Er dient zur Abgrenzung von zahlreichen weiterem Hall-Namen und markiert zunächst die Einbeziehung des Orts in den staufischen Machtbereich, im 15. Jahrhundert die Abgrenzung zu dem für das Herzogtum Franken zuständigen Landgericht Würzburg. IV. ↑ Halle (Saale), ST; ↑ Halle (Westf.), Kr. Gütersloh, NRW. V. Bach DNK 2; FO 1; von Reitzenstein, W.-A.: Das Salz in Orts- und Flurnamen. In: Treml, M./Jahn, W./Brockhoff, E. (Hg.): Salz macht Geschichte. Aufsätze. Haus der Bayerischen Geschichte. Augsburg 1995; LBW 4. JR

Stuttgart I. Stadtkreis, 600 068 Ew., im Stuttgarter Kessel im Zentrum von BW gelegen, Landeshauptstadt und Sitz der Verwaltung des Reg.-Bez. Stuttgart, BW. Laut Überlieferung 950 von Herzog Liudolf angelegt, in der 1. Hälfte des 13. Jh. Stadtrecht, im 14. Jh. zur Grafschaft Württemberg, 1803-1805 Haupt- und Residenzstadt des Kurfürstentums Württemberg, 1918-1945 Landeshauptstadt und seit 1952 Regierungssitz Baden-Württembergs. Automobil- und Maschinenbau, Neues Schloss, Altes Schloss, Schloss Solitude, Residenzschloss Ludwigsburg, Kunstmuseum, Mercedes-Benz Museum, Königsbau, denkmalgeschützter Kopfbahnhof, Markthalle, Hospitalkirche, Stiftskirche, Domkirche St. Eberhard, Rosensteinpark. II. Um 1160 (Kop.) Stůkarten, 1263 Stůtgartun [Or], 1632 Stuettgardten [Or]; Stuttgart (1745/46). III. Der Name geht auf mhd. stuotgarte ‘Gestüthof’ zurück und erinnert an Gestüt, das nach sagenhafter Überlieferung bereits durch Hz. Liudolf um 950 angelegt wurde. Der älteste Beleg zeigt Assimilation von -tg- zu g bzw. k. Die heutige amtliche Form ist durch Schreibungen des 17. Jahrhunderts mit Doppelkonsonant als Zeichen für vorausgehenden Diphthong oder Langvokal beeinflusst. V. Reichardt 1982b; LBW 3. JR

  • Ein Forschungsprojekt zur Erfassung und Deutung der Ortsnamen des deutschsprachigen Südwestens (Elsaß, Schweiz, Baden-Württemberg) ist in Vorbereitung.
  • Zu den Ortsnamen des Rhein-Neckar-Kreises entsteht eine Dissertation von Anja Reinmuth
  • In Vorbereitung befindet sich auch ein digitaler Deutscher Ortsnamenatlas (man vgl. dazu Anja Makrutzki [Reinmuth] – Jörg Riecke, „Südwestdeutscher Ortsnamenatlas“. Eine Projektskizze. In: Albrecht Greule – Stefan Hackl (Hg.), Der Südwesten im Spiegel der Namen. Gedenkschrift für Lutz Reichardt, Stuttgart 2011, S. 11-23.

3. Namenkundliche Bibliographie

Namenkundliche Bibliographie Jörg Riecke

Mitarbeit an Monographien

Zusammen mit Hans Ramge, Gerd Richter und Herbert Schmidt: Südhessisches Flurnamenbuch. Unter Mitarbeit von Jasmin S. Rühl und Gerda Weigel-Greilich. (Arbeiten der Hessischen Historischen Kommision. Neue Folge 23). Hessische Historische Kommission Darmstadt: Darmstadt 2002.

[Die Ortsnamen Baden-Württembergs], in Manfred Niemeyer (Hg.), Deutsches Ortsnamenbuch, Berlin – New York 2012 [ca 450 Namenartikel]

Aufsätze

Begegnungen mit dem Fremden. Völkernamen, Ländernamen und Landschaftsnamen in der südhessischen Flurnamenlandschaft. Pragmatische Aspekte der Flurnamenforschung. In: Ernst Eichler – Heinrich Tiefenbach – Jürgen Udolph (Hg.), Völkernamen – Ländernamen – Landschaftsnamen. Leipzig 2004, S. 213–224.

Zusammen mit Anja Makrutzki: „Südwestdeutscher Ortsnamenatlas“. Eine Projektskizze. In: Albrecht Greule – Stefan Hackl (Hg.), Der Südwesten im Spiegel der Namen. Gedenkschrift für Lutz Reichardt, Stuttgart 2011, S. 11-23.

Herausgeberschaft

Heinrich Tiefenbach, Von Mimigernaford bis Reganespurg. Gesammelte Schriften zu althochdeutschen und altsächsischen Namen. Hg. zusammen mit Albrecht Greule, Regensburg 2009.

Besprechungen:

Sigrid Bingenheimer, Die Flurnamen der Gemeinden um den Wißberg in Rheinhessen, Stuttgart 1996. (Mainzer Studien zur Sprach- und Volksforschung 20). In: Rheinische Vierteljahrsblätter 60 (1997), S. 318–320.

„Sluohderin“ – Schlüchtern 993–1993. Wissenschaftliche Beiträge zur Kloster- und Stadtgeschichte im Jubiläumsjahr, Unsere Heimat. Mitteilungen des Heimat- und Geschichtsvereins Bergwinckel e.V. Schlüchtern 9 (1993). In: Beiträge zur Namenforschung NF. 32 (1997), S. 349–352.

Wolfgang Kleiber – Wolf-Dietrich Zernecke, Der Klauer. Ein rheinischer Flurname. Dokumentation und Deutung, Mainz – Stuttgart 1996. (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Mainz). In: Nassauische Annalen 108 (1997), S. 414f.

Heike Hornbruch, Deonomastika. Adjektivbildungen auf der Basis von Eigennamen in der älteren Überlieferung des Deutschen. Göttingen 1996. (Studien zum Althochdeutschen 31). In: Germanistik 38 (1997), S. 738.

Nomen et gens. Zur historischen Aussagekraft frühmittelalterlicher Personennamen, hg. v. Dieter Geuenich – Wolfgang Haubrichs – Jörg Jarnut, Berlin – New York 1997 (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 16). In: Beiträge zur Namenforschung NF. 34 (1999), S. 325–329.

Bayerisches Flurnamenbuch. Band 1–6. Für das Haus der Bayerischen Geschichte herausgegeben von Michael Henker und Wolf-Armin Frhr. v. Reitzenstein, Augsburg 1992–1998. In: Beiträge zur Namenforschung NF. 36 (2001), S. 177–183.

Peter Seidensticker, „die seltzamen namen all“. Studien zur Überlieferung der Pflanzennamen, Stuttgart 1997 (ZDL-Beihefte 101). In: Wissenschaftlicher Literaturanzeiger (WLA) 41,2 (2002), S. 15–16.

Sprachgeschichte. Dialektologie. Onomastik. Volkskunde. Wolfgang Kleiber zum 70. Geburtstag, herausgegeben von Rudolf Benzinger – Damaris Nübling und Rudolf Steffens. Stuttgart 2001 (ZDL-Beihefte 115). In: Beiträge zur Namenforschung. N.F. 38 (2003), S. 316–318.

Eckhard Meineke (Hg.): Perspektiven der thüringischen Flurnamenforschung. Frankfurt a. M. 2003. In: Beiträge zur Namenforschung 39 (2004), S. 450–452.

Ansprechpartner

Ansprechpartner: Prof. Dr. Jörg Riecke (Germanistisches Seminar, Heidelberg)